Fotografie

Eine Dummheit kommt selten allein

Sony a 7iii (Werbung unbezahlt)

Es gibt nur eine Regel in der Fotografie: Entwickle niemals einen Film in Hühnersuppe!
(Freemann Patterson, Fotograf und Autor, geboren 1937)

Zum Glück kann diese bei der Entwicklung der Fotos verhängnisvolle Flüssigkeit heutzutage kaum noch Schaden anrichten 😉 Analoge Fotografie ist in vielen Bereichen der digitalen Fototechnik gewichen. Allerdings gibt es wesentlich schlimmeres, als einen Film in Hühnersuppe zu entwickeln – nämlich wenn sich eine Hobby-Fotografin im Ausnahmezustand befindet und daraufhin Handlungen begeht, die sie kurz darauf aufs Bitterste bereut. Ich spreche hier aus eigener Erfahrung.

Dummheit zum Ersten

Warum ich es getan habe – ich kann es nur vermuten: Ablenkung von alldem, was ich nicht so an mich ranlassen wollte. Ich schaffte mir eine Fotoausrüstung an, die mich in jeder Hinsicht überforderte: zu schwer, zu unübersichtlich, zu technisch, zu teuer … Ich habe die Mäuse auf den Tisch des Fotofachgeschäfts geblättert und eine Ausstattung mit nach Hause genommen, die einem Profi-Fotografen zur Expedition auf den Himalaya zur Ehre gereicht hätte. Dann rollte die Welle der Veränderung auf mich zu und was passierte mit meiner Fotoausrüstung? Richtig – sie gammelte zwei Jahre lang im Schrank vor sich hin. Immer wenn ich die Schranktür öffnete und mein Blick zufällig auf sie fiel, überkam mich das schlechte Gewissen. Je mehr die Gewissensbisse wuchsen, desto weniger wollte ich das Ding überhaupt noch in die Hand nehmen. Und selbst wenn ich gewollt hätte: Im Krisenmodus hatte ich überhaupt keinen Nerv zur Auseinandersetzung mit der Fotokamera.

Dummheit zum Zweiten

Dann kam der Tag an dem ich die Kamera und das gesamte Equipment zusammenpackte und mich damit schnurstracks auf den Weg zum Fotoshop begab. Ganz kurz blinkte eine Warnleuchte vor meinem inneren Auge auf und eine Stimme in mir flüsterte mir zu: Verkauf die Objektive, aber nicht das Kameragehäuse mit dem Standardobjektiv. Ich wollte diese Stimme nicht hören und eins, zwei, drei, hatte ich die Kamera mit allem Drum und Dran – sogar die Fototasche – dem Verkäufer gegen Bares überlassen. Der freute sich sichtlich über den klasse Deal. Meine erste Reaktion war ein Gefühl der Erleichterung. Endlich starrte mich das Ding nicht mehr vorwurfvoll an, wenn ich versehentlich die falsche Schranktür öffnete. Leider sind Gefühle unberechenbar …

Dummheit zum Dritten – oder neue Kamera neues Glück?

Die krasse Fehleinschätzung – nämlich, dass mir das Fotografieren mit dem Handy reicht – bemerkte ich circa zwei Wochen später. Genauer gesagt als ich einen Ausflug ins Karlsruher Umland unternahm und dabei viele interessante Motive entdeckte. Mit dem Smartphone kam ich leider schnell an die Grenzen der Möglichkeiten. Ich schreib nicht lange drumrum – ich habe mir exakt die gleiche Kamera mit dem Standardobjektiv wieder geholt … Was bei der vorherigen Ausrüstung an Zubehör dazugehörte, habe ich abgeschrieben. Finanziell ein Fiasko, aber hoffentlich ein lehrreiches – meine selbst gebrühte Hühnersuppe … 😉

Darf ich fragen?

Gehts nur mir so oder hast du dir auch schon dein eigenes Hühnersüppchen versalzen?

Das erste Pic frisch von der Speicherkarte

Für die Einweihung der Neuen habe ich einen besonderen Anlass erkoren: Meine Reise in die zweite Heimat – direttamente ans Mittelmeer. Der Gedanke ohne Kamera zu reisen, machte mich nicht froh. Zugegeben, das war der Grund für die zügige Neuanschaffung der verscherbelten Kamera, sonst hätte ich vielleicht noch bis zum Black Friday gewartet. Und hier kommt der Pluspunkt des Disasters: Ich trat meine Reise mit leichtem Gepäck an – mit Kamera und ohne schweren Objektivballast.

Dann will ich gleich mal das ALLERERSTE Pic aus dem frisch aktivierten Gerät präsentieren – aufgenommen im Automatikmodus – unbearbeitet und unbeschnitten – so wie´s eben geworden ist. … Bin heute OHNE Frühstück auf Fotojagd gegangen – eigentlich ein No Go – Kurz zuvor stand ich auf dem Balkon meines Hotelzimmers und dachte: Wow – das ist das Motiv für mein erstes Foto! Dann nix wie rein in die Klamotten und raus aus dem Hotel – bevor die Stimmung sich wieder ändert …

Pic Number One

Blick am frühen Morgen von Capo Portiere/Latina auf die Halbinsel San Felice Circeo

Verbunden mit San Felice Circeo (siehe Foto) ist die sagenhafte Reise des Odysseus. Nachdem Odysseus mit dem Zyklopen Polyphem gekämpft, ihn besiegt und dann von der Zyklopeninsel geflüchtet war, wiegte er sich in Sicherheit und verspottete den Zyklopen. Das ließ Polyphem nicht auf sich sitzen und petzte bei seinem Papa Poseidon (Gott des Meeres). Der entfesselte rachsüchtig einen Sturm, der das Schiff des Odysseus am Strand der Insel Äaia (San Felice Circeo) ausspuckte.
Dort wenig ruhmreich gestrandet, schickte Odysseus seine Mannen auf Erkundungstour. Die Tour bekam den Männern leider gar nicht gut… Die Zauberin Circe (auch Kirke) -Tochter des Sonnengotts Helios und Herrscherin von Äaia – verwandelte die Eindringlinge in Schweine. Warum: Weil sie ihnen ihre wahre Natur vor Augen führen wollte. Kommt daher der Ausspruch – äh -na du weißt schon? 😉 Odysseus hat dann mit all seiner Überredungskunst Circe überzeugt, den Männern ihre menschliche Gestalt zurückzugeben. Wahrscheinlich hegte sie eine Schwäche für Odysseus – wäre sie sonst seinem Wunsch nachgekommen?

Es gibt noch einige andere Inseln in Italien, denen nachgesagt wird, der Wirkungsort von Circe gewesen zu sein. Wer aber die Form von San Felice Circeo mit etwas Fantasie betrachtet, kann den Kopf der Zauberin in den Umrissen erkennen…

Hier noch Pic Number Two vom ersten Brückengespräch dieses Aufenthalts (mit freundlicher Genehmigung) . Il ponte – die Brücke – ist eigentlich gar keine Brücke, sondern eine Aussichtsplattform über dem Meer. Ich kann nicht mehr sagen, wie viele Gespräche mit wildfremden Menschen ich im Laufe der Jahre an diesem Ort geführt habe.

Petri Heil im Morgengrauen

Er muss den Fisch fürs Mittagessen noch einholen, sagt er. Ab 10.00 Uhr solls regnen… Es ist jetzt kurz vor 11.00 und seine Prognose scheint nicht zu stimmen …

Hühnersuppe? Nein danke! Heute gibts zuppa die pesce (Fischsuppe). Für mich weder das eine noch das andere … 😉

Tanti saluti da Marina

Beitragsbild: MaTo/Hintergrund KI
Fotos: MaTo

8 Comments

  • Patrick Jobst

    Vieles lernen wir halt im Leben auf die harte Tour.
    „Billig gekauft, ist zweimal gekauft“ hört als Lernerlebnis praktisch nie auf.

    Toll finde ich, dass Du diese Geschichte so ehrlich erzählst.
    Damit schenkst Du ebenso anderen Menschen Inspiration, daraus etwas mitzunehmen.

    • Avatar-Foto

      Marina

      Hallo Patrick,

      na ja, billig gekauft war es nicht – eher billig verscherbelt … 😉
      Aber gelernt hab´ich hoffentlich was draus!

      Tatsächlich war es gut, mir das von der Seele zu schreiben – der Ärger darüber ist dabei verflogen. Und wenn es womöglich jemanden von einer Dummheit abhält, dann war diese Erfahrung nicht ganz umsonst.

      Danke für deinen Kommentar!

  • Werner Pechmann

    Ich denke, Erfahrungen dieser Art machen wir alle im Laufe der Jahre… nur die wenigsten erzählen darüber. Bei meiner Fotoausrüstung ist das aber noch nicht passiert: Sie ist mir „heilig“, sprich: Sie bedeutet mir viel. Ebenso wie die Fotografie selbst.
    Dafür habe ich in anderen Bereichen des Lebens hier und da mal nicht lange genug nachgedacht und zu schnell etwas gekauft, was ich auf andere Art und Weise vielleicht besser und günstiger hätte bekommen können.
    Dann aber wieder denke ich: Es wird einen Grund dafür geben, genau das gemacht zu haben. Manchmal erschließt er sich tatsächlich später.
    Viel Spaß im Urlaub und beim Fotografieren

    Liebe Grüße,
    Werner

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      Marina

      Hallo Werner,

      hmm, vielleicht gab es tatsächlich einen Grund: Ich habe gemerkt, dass ich doch ganz gerne fotografiere und mir das Handy dann doch ein bisschen zuwenig ist. Und ich habe beschlossen, mich in der nächsten Zeit näher mit dem Thema Fotografie zu beschäftigen und mir in Karlsruhe einen Fotoclub oder ein paar andere Fotobegeisterte zu suchen, mit denen ich mich austauschen und mich in besten Fall dabei weiterentwickeln kann. Auf jeden Fall habe ich mir fest vorgenommen, dran zu bleiben … Die Kamera im Schrank liegen lassen, geht nach dieser revidierten Fehlentscheidung, gar nicht mehr!!!

      Saluti da Marina

  • Christiane

    Ich hatte mir damals von meinem ersten Lehrlingsgehalt eine Nikon gekauft.
    Die verstaubte dann aber auch ziemlich schnell, weil mir die Resultate nicht gefielen. Ziemlich schnell war ich dann auch im Strudel „Ich habe nicht die richtigen Objektive“ und „Meine Kamera ist zu alt/zu klein/usw.“, sodass sie weiter verstaubte.
    Ich habe mich dann irgendwann von ihr getrennt – weil ich nach einigen Jahren eingesehen habe, dass das Problem nicht die Technik war, sondern der Fotograf – also ich. Ich habe nicht so ein gutes Auge um Stimmungen und Geschichten einzufangen. Mir fehlte und fehlt auch irgendwie die Motivation dazu, dass zu lernen.

    Seitdem knipse ich nur noch mit meinem Handy. Ist vollkommend ausreichend für mich 😀

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      Marina

      Danke für deinen Kommentar, liebe Christiane. Sorry, dass ich ihn jetzt erst beantworte – ich bin noch ein bisschen im Urlaubsmodus.

      Ich denke jeder muss für sich selbst herausfinden, was für ihn passt – manchmal auch über (teuere) Umwege. Die Handys machen heute durchaus gute Fotos. Und es gibt auch sehr gute Handykameras.. Ich muss einfach was in der Hand haben und ich fotografiere gerne durch den Sucher… Deswegen nun wieder back to Sony Alpha …. Dir viel Spaß beim Knipsen mit Handy!

  • Minna

    Liebe Marina,

    ohje, du sprichst mir so aus der Seele. Vor einiger Zeit habe ich meine Systemkamera verkauft – „brauch ich nicht mehr“ und jetzt sitze ich doch wieder hier und wünsche mir so sehr eine „richtige“ Kamera. Ich schiele jetzt auf ein Modell und spare und hoffe, dass ich sie bald etwas günstiger kaufen kann. Die Preise sind ja doch sehr gesalzen für Kameras. 😀

    Liebe Grüße
    Minna

    • Avatar-Foto

      Marina

      Hallo Minna, es beruhigt mich aber sehr, dass es nicht nur mir so geht! Das ist schon bitter, wenn man die Kamera verkauft und dann bemerkt, dass der wohl eine komplette Fehlentscheidung war … Na ja manchmal erwischt man ein Schnäppchen – das wünsch´ ich dir! Fotografieren ist ein so schönes Hobby!

      LG Marina

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